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Mirlo.
Die Mirlo Story
Wie alles begann. Vor ca. vier Jahren meinte meine Freundin, ob ich nicht am Wochenende zwei ihrer mittlerer weile 4 Galgos nehmen wollte. So Wellnesswochenende für die Hunde. Tja, einen Hund den wollte ich schon lange haben, aber Galgos, diese mageren, großen Hunde mit dem traurigen Blick und diesen furchtbar dünnen Beinen???? Diese Hunde, die mich Anfangs überhaupt nicht beachtet haben, die einen links liegen lassen, nicht von der Seite schauen, nicht bellen noch jaulen und nicht mal mit der Rute wackeln? Diese Hunde die sich nicht einmal freuen können (, jedenfalls sieht man es nicht,).Diese Hunde, die soooooo anders sind wie andere Hunde - eben Galgos-. Einen Hund den ich mir schon so lang wünsche, jaaa auch wenn es nur am Wochenende ist. Meine Freundin hielt mir beide Leinen hin und so ging ich das erste Mal spazieren mit der Hündin und dem Rüden die beide im Alter auch schon vorgerückt waren. Viele schöne Wochenenden folgten und ich hatte die Beiden schnell in mein Herz geschlossen als wenn es meine wären. So lernte ich auch die Tieroase Birkenschold kennen. Hierher hatte meine Freundin ihre 4 Galgos und mittlerer weile ist noch ein Hund aus der Birkenschold hinzu gekommen. Ein paar Mal sind wir da gewesen. So ein Tierheim hatte ich noch nicht kennen gelernt, in dem die Hunde nicht in diesen Einzelzwingerstahlkäfigen sitzen wo der Fußboden nur aus kalten Platten besteht. Hier war es anders, große Gehege draußen unter schönen Bäumen, wo alle Hunde lustig durcheinander liefen. Das fand ich toll und die Hunde auch denn keiner saß zusammen gekauert und verstört in eine Ecke. Aber jedes mal wenn ich zu Besuch war, musste ich ohne einen Hund wieder nach Hause fahren und jedes mal war ich traurig, meine Lebenssituation ließ es einfach nicht zu. Dann kam der Januar 2008, meine berufliche Situation hatte sich drastisch geändert, finanziell wird es eng werden, da ich nicht wusste ob ich schnell etwas Neues finde. Aber wenn nicht jetzt wann dann? Ich rief Ralf an, einen Hund brauch ich, nur ich sollte eine Weiterbildung machen und da war noch meine Vermieterin, die nicht so hundebegeistert war wie ich. Immer nur Hindernisse. Ich war es so leid. Konnte das jetzt klappen? Ralf fragte mich wie alt er sein sollte, ob ich einen Wunsch wegen der Farbe hätte, ob Rüde oder Hündin? War das wirklich für andere wichtig die Farbe mmh?. Ich wusste nur, das er schon älter sein sollte, eben einer der nicht so große Chancen hatte vermittelt zu werden. Er hätte da einen, Mirlo, der säße schon so lange und hätte es verdient endlich ein Zuhause zu bekommen. So fuhr ich nach Wagenfeld und schaute mir Mirlo an. Das war äußerst schwierig, denn Mirlo kam erst gar nicht zu mir hin, alle anderen Hunde begrüßten mich, aber Mirlo lief immer nur in weiter Ferne an mir vorbei. So blieb ich in dem Gehege auf dem Podest sitzen und wartete. So verging wohl eine halbe Stunde. Ralf kam wieder und ging mit mir in das Quarantänezimmer, vielleicht könnte ich Mirlo hier mal streicheln .Ich musste ihn festhalten, diese angstvollen Augen doch ich konnte ihn streicheln, zuletzt sogar ohne festhalten. Ich weiß nicht wie viel Zeit verging, Ralf kam wieder und wir gingen mit Mirlo spazieren. Danach stellte mir Ralf noch einen Galgo vor, auch schwarz aber sonst gaaanz anders. Er kam freudig auf mich zu und schien zu sagen, hey nimm mich mit, ich steige sofort in dein Auto ein und los geht das Abenteuer. Mit ihm ging ich allein spazieren, das klappte sehr gut, er ging gleich mit und schien ein lustiger Geselle zu sein. Nach der Rückkehr fragte mich Ralf ob ich mich schon entschieden hätte. Und ob, ich wollte dieses schwarze scheue angstvolle Bündel, ich hatte schon längst mein Herz verloren. So folgten einige Wochenenden an denen ich Mirlo morgens abholte und abends wieder zurückbrachte. Ich hatte nie Angst das Mirlo mich beißt, denn ich war als Kind von einem Hund gebissen worden, irgendwie schien eine Vertrautheit da zu sein, welche ich mir nicht erklären konnte, aber das ist die richtige Basis für eine Zukunft. Die Zeit verging und der Termin für die Vermittlung rückte näher. Ich hatte schon große Sorgen, konnte ich das schaffen? Zeit und Arbeitsmäßig? Und meine Vermieterin. War sie wirklich einverstanden? Sie gab mir nicht unbedingt das Gefühl. Immer wieder kam dieses mulmige Gefühl in der Magengegend. Auch Ralf blieb das natürlich nicht verborgen, er hatte gut Menschen und natürlich auch Hundekenntnis. Also machten wir beide erst mal einen Rückzieher und fassten einen späteren Zeitpunkt ins Auge. Pfingsten rückte näher. Das war eine neue Gelegenheit. Aber die Zeit von 3 Tagen war sehr knapp. Ich holte Mirlo und durfte ihn das erste Mal über Nacht behalten. Wie wird das wohl werden? Ja wie schon, Mirlo hat die ganze Nacht in seinem Korb verbracht ohne rum zu laufen, nicht einmal zu mir ans Bett kam er obwohl eine Decke für ihn bereit lag. Sonntagmittag rief Ralf an, wie es so war. Es war alles bestens sagte ich. Na dann behalt Mirlo man meinte Ralf. Wissen deine Gassigänger schon Bescheid? Dann wird es wohl klappen. Boah alle Gedanken sausten mir durch den Kopf, klappt das mit meiner Vermieterin, zumal ihr erzählt wurde, dass der Hund nur bellt, den Garten verwüstet, Tretmienen hinterlässt und die Türen kaputt kratzt. Und dann die Gassigänger, kamen die mit seiner Angst klar, wird er allein bleiben ohne zu jaulen und wie lange? Ein dicker Kloß saß mir im Hals. Und ein unendlich warmes Gefühl in einer versteckten Ecke in mir machte sich breitein Hund, Mirlo endlich. Der erste Tag begann ich musste um kurz nach 7 los. Mein Neffe, mit dem Mirlo gut klar kam, wollte um 9 Uhr kommen um sich um ihn zu kümmern. Jede Minute wartete ich auf einen Anruf meiner Vermieterin, dass ich nach Haus kommen müsste weil er jault. Nein die Zeit verging und auch mein Neffe rief nicht an. Oh, ist doch wohl alles gut gegangen? Ich kam nach Haus und alles war ok. Ich wusste doch was auf dem Spiel stand, Mirlo wieder abzugeben weil er jault oder so, nein, nein, nein, das würde für ihn den Absturz bedeuten. Für den nächsten Tag war meine jüngste Schwerster vorgesehen, sie sollte aber erst mittags kommen. Wieder dieses warten, wann kommt der Anruf. Aber mein Handy blieb still. Ich kam zur Tür rein und meine Schwester teilte mir mit das Mirlo nicht mit ihr mitgegangen ist. Tja dann muss er wohl jetzt ganz nötig, es war schon halb 4. Aber Mirlo machte keine Anstallten raus zu müssen. Ich ging mit ihm, doch er schien es nicht eilig zu haben. Muss der eine Blase haben. Am nächsten Tag sollte meine älteste Schwester nur so lang bei ihm sein, bis der Gassigänger kam, der immer mittags mit ihm raus gehen sollte. Sie blieb in meiner Wohnung sitzen und der Gassigänger auch, denn Mirlo ging mit keinem mit. OK, das reichte, warum ihm etwas angewöhnen was er gar nicht will. Ich beschloss es ohne zu versuchen und siehe da, er war so lieb, dass ich niemanden mehr brauchte. Wie ich zur Tür rein kam sah er mich an, als wenn er sagen wollte, wenn schleppt sie jetzt wieder an? Was soll ich sagen, er bleibt 8 Stunden allein ohne zu bellen ohne zu jaulen. Wer jetzt meint, dass es Tierquälerei ist, ihn so lang allein zu lassen, dem hätte ich noch vor einiger Zeit Recht gegeben. Aber ihm geht es gut dabei und er hat noch nie meine Wohnung als Feld benutzt. Für Mirlo ist jeder Tag den er nicht in einem Tierheim verbringt ein 100 % Gewinn. Er hat einige Jahre in der Birkenschold verbracht und jetzt ein Zuhause, indem er geherzt, gestreichelt, geschmust und geliebt wird. Jeden Tag fragte mich meine Vermieterin wie es mit ihm ist? Worauf ich sie fragte, ob sich Mirlo irgendwie bemerkbar macht. Denn ich bin doch den ganzen Tag weg. Ob ich Mirlo Schlaftabletten geben würde, sie könnte ihn nicht hören, nicht einmal rumlaufen würde er oder bellen, oder jaulen wenn Besuch kommt oder einer klingelt. Ja, wer hätte das gedacht, denn Mirlo ist schließlich das Überraschungspaket gewesen. Auch sonst ist er nicht typisch Galgo, denn Mirlo geht nicht ins Bett, er liegt nicht auf dem Sofa er kratzt keine Türen kaputt, er frisst nicht den Mülleimer leer, er knabbert nichts an. Selbst die Schlickersachen auf dem Tisch, die ich vergessen hatte, hat er nicht angerührt. Ich muss nichts ab, zu oder wegsperren denn mein Mirlo ist nur lieb. Nie ist er fordernd oder aufdringlich. Wenn es um Streicheleinheiten geht. Mittlerer weile ist er schon viel freier geworden, selbst Außenstehenden fällt das auf. Auch seinem Fell kann man ansehen das es ihm gut geht. Mirlo hat mein Leben völlig zum Positiven verändert. Denn er ist das Beste was mir seit langem passiert ist. Wer jetzt meint, dass sei eine Liebeserklärung an Mirlo, dem muss ich, sogar recht geben. Mirlo ist ein ungeschliffener Rohdiamant, in all den Jahren hat es keiner erkannt, alle dachten wohl, dass er ein scheues schwarzes bellendes Bündel ist. Nein, er zeigt jetzt seine vielen strahlenden Facetten. Nun könnt ihr euch so viel ärgern wie ihr wollt, jetzt habe ich ihn, und hergeben--- niemals. Diejenigen, die ihn immer durchschaut haben sind Ralf und Margot Peters. Ihnen war Mirlo nach so langer Zeit schon sehr ans Herz gewachsen, das habe ich immer wieder bemerkt. Ich kenne kaum jemand der mit so viel Herzblut und Fachkompetenz die Hunde vermittelt. Wenn es irgendwann noch einer sein sollte, dann sofort und immer wieder von Ralf und Margot Peters. Nur durch die unendliche Geduld, und das Verständnis von den beiden hat es endlich geklappt, dass ich Mirlo zu mir holen konnte. Ich war ein verdammt schwieriger Kandidat.
Doch dann kommt der Tag im Juli. Wir gehen spazieren an der Burg, aber heute findet hier ein Event statt, na schnell eine Runde und dann weg hier. Mirlo mag große Menschenansammlungen nicht. Plötzlich kommen zwei Männer um die Ecke, Mirlo erschrickt sich, mir fällt die Leine aus der Hand und so nimmt das Unfassbare seinen Lauf. Mirlo rast los. Es gibt kein Halten mehr. Rufen und Schreien gehen ins Leere. Meine Gedanken überschlagen sich, finde ich ihn wieder, und wenn, ist er verletzt oder gar ...? Ich laufe los. Leute die ich befrage sagen alle das Gleiche. Ein schwarzer Hund ja, der ist so schnell gelaufen als wenn der Teufel hinter ihm her ist. Alle zeigen in die gleiche Richtung. Nach gut 1 km kommt mir eine Frau mit Auto entgegen. Ob ich einen Hund suchen würde. An der großen Ampelkreuzung ca. 1,5 km entfernt hätte eine Frau einen Hund eingefangen, -- schwer verletzt --.Angst kriecht in mir hoch. Nein das darf doch nicht sein. Mirlos Lebensretterin ist 1 km neben ihm her gefahren und hat versucht ihm immer wieder den Weg abzuschneiden. Sie hat beruhigend auf ihn ein geredet. Ihre drei Hunde sind auch im Auto. Mit der Hilfe eines Ehepaars, das mit dem Fahrrad unterwegs ist und vielen Versuchen, kann sie Mirlo einfangen. Schnell wird ein Hund von ihr nach vorn gebracht und Mirlo springt trotz seiner schweren Pfotenverletzungen in eine der Hundeboxen. Unvorstellbar. Wir fahren zur nächst gelegenen Klinik. Der Notdienst muss kommen. Nach der Untersuchung teilt der Arzt mir mit, dass beide Vordergelenke gebrochen sind und wenig Hoffnung besteht auf Besserung. Außerdem wäre der Hund schon alt und hätte Arthrose. Den lassen sie mal einschläfern. NEIN!
Ich rufe Ralf an. Er sagt mir dass, ich Mirlo nach Preußisch Oldendorf bringen soll. Ich werde dort vom Klinikpersonal und Familie Peters empfangen.
Nach gründlichen Untersuchungen wird mir die Diagnose bestätigt. Knochen sind ausgebrochen, Bänder abgerissen und die Pfoten bestehen aus rohem Fleisch und dann treten auch noch Lähmungen auf. Es steht auf Messers Schneide.
Mirlo muss einen unglaublichen Lebenswillen gehabt haben. Der Zustand bessert sich, er wird operiert. Erst an der einen Pfote. Tage später wird die andere Pfote steif gelegt durch zwei Platten, sonst hätte er immer Schmerzen. Nach gut zwei Wochen wird Mirlo entlassen. Er hat das Klinikpersonal und die Ärzte längst in seinen Bann gezogen Alles erträgt er geduldig. Wahrscheinlich ist das seine Art Danke zu sagen. Denn Mirlo bekommt in der Klinik die rundum Tag-und Nacht Intensivbetreuung. Gespickt mit Streicheleinheiten, Zuwendungen aller Art. Er darf beide Vorderpfoten nicht belasten. Von da an trage ich Mirlo ca. fünf Wochen. Er ist Pflegefall Dritten Grades. Tag und Nacht bette ich ihn um, damit er keine Liegestellen bekommt. Ich fahre jeden Tag zum Verbandswechsel in die Klinik, einige km vom Spezialverband müssen dabei drauf gegangen sein. Irgendwann darf er auf seinen Pfoten stehen, natürlich nur kurze Zeit. Immer wieder bangen und hoffen, dass die Platten und Schrauben halten.
Die Ballen der Pfoten heilen langsam. Ich verbrauche Creme in Mengen. Immer wieder müssen seine Gelenke gekühlt werden weil sie zu heiß sind. Wir gehören schon zum Inventar der Klinik, so oft sind wir da.
Aber alle Aufwendungen und Mühen haben sich gelohnt. Mirlo kann wieder laufen und wer es nicht weiß sieht nicht einmal sein humpeln. Es war ein langer Weg bis hier. Ich würde es immer wieder machen.
Warum habe ich diese Geschichte aufgeschrieben? Um allen zu sagen nicht vorschnell aufzugeben. Und für seinen Hund zu kämpfen.
Aber was noch wichtiger ist, auf die Ratschläge von Ralf zu hören. Gut auf die Hunde acht zu geben und sie nicht laufen lassen wenn Ralf gesagt hat, dass es nicht geht.
Auf das Ihr nie so eine Erfahrung machen müsst wie Mirlo und Ich.
I.Gaßner |